B. Reimer, R. Göllnitz, K. Bartkowiak
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, FB Ingenieurwissenschaften
Für die sicherheitstechnische Charakterisierung von Zersetzungsreaktionen flüssiger und fester Stoffe werden häufig die in isoperibolen Tests ermittelten Starttemperaturen und die damit korrespondierenden Induktionszeiten herangezogen. Die experimentell für diese Parameter ermittelten Daten werden jedoch in starkem Maße von der Wärmeverlustleistung der Probebehälter und deren Wärmekapazität beeinflußt.
Es werden experimentelle Methoden vorgestellt, mit denen die Abkühlkonstante, die die Wärmeverlustleistung charakterisiert, und der Wasserwert, bzw. der davon abgeleitete Phi-Faktor, für Probebehälter bestimmt werden können. Auf der Grundlage von Versuchsergebnissen wird der Einfluß dieser Parameter auf die unter isoperibolen Bedingungen ermittelten Induktionszeiten nachgewiesen.
Ausgehend von der Semenov'schen Theorie der Wärmeexplosion wurde ein Extrapolationsmodell entwickelt, mit dem die Eliminierung der o.a. apparativen Einflüsse möglich ist und die Berechnung der jeweiligen, dem adiabatischen Grenzfall entsprechenden, Induktionszeit vorgenommen werden kann.
Dabei kann anhand vorliegender experimenteller Ergebnisse und Simulationsrechnungen eingeschätzt werden, daß das o.a. Extrapolationsmodell auf Reaktionen n-ter Ordnung und auf schwach bis mäßig autokatalytisch beschleunigte Reaktionen anwendbar ist. Bei stark autokatalytisch beeinflußten Zersetzungsprozessen kann die Extrapolation jedoch fehlerhafte Werte liefern.
Außerdem werden Untersuchungsverfahren beschrieben, die eine eindeutige Differenzierung von Zersetzungsreaktionen dahingehend gestatten, ob deren Verlauf durch einen autokatalytischen oder einen Mechanismus n-ter Ordnung beschrieben werden kann. Eine diesbezügliche Aussage kann anhand volumetrischer Messung der Zersetzungsgase bei isothermer Lagerung sowie anhand der Induktionszeiten getroffen werden, die für unterschiedlich lange isotherm gelagerte Proben ermittelt werden. Die Bestimmung der Restzersetzungswärme temperierter Proben mittels DSC ermöglichte demgegenüber keine eindeutigen Rückschlüsse auf den Zersetzungsmechanismus.
Abschließend wird diskutiert, welche sicherheitstechnischen Konsequenzen
aus den vorgestellten Ergebnissen abgeleitet werden können.
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